Der Küstenabschnitt bei Valahnúkur, am südwestlichsten Zipfel der Reykjanes-Halbinsel gelegen, ist einer der Orte auf Island, die wir so gut wie immer besuchen, wenn wir da sind – dank der Nähe zum Flughafen Keflavík ist das auch problemlos möglich.
Man erreicht Valahnúkur, einen Berg vulkanischen Ursprungs, über eine Stichstraße, die von der Straße 425 abzweigt. Der kurze Weg führt zunächst befestigt am Kraftwerk Reykjanesvirkjun vorbei, bevor man sich an einer Weggabelung rechts halten muss (links geht es zum Geothermalfeld Gunnuhver). Im weiteren Verlauf führt die Straße als mitterweile recht gute Schotterpiste auch am Leuchtturm Reykjanesviti vorbei. Im Sommer blühen rechts und links des Weges einige Lupinen, und zahlreiche Küstenseeschwalben brüten dann hier. Abgesehen davon, dass die kleinen Küstenseeschwalben ihre Brut sehr aggressiv verteidigen, muss man zur Brutsaison auch auf Kücken aufpassen, die manchmal am Wegesrand sitzen. Der Leuchtturm, wie er heute zu bewundern ist, wurde 1908 auf dem Hügel Bæjarfell erbaut und ist ein beliebtes Fotomotiv. Sein Bau löste den Standort des ursprünglichen Leuchtturms auf dem Valahnúkur-Berg ab. Dort entstand 1878 der erste Leuchtturm Islands, er wurde jedoch durch ein Erdbeben zerstört. Seine Lage auf dem Valahnúkur erwies sich auch deshalb als ungünstig, da durch Erosion immer wieder große Teile des Berges abgebrochen sind und den Leuchtturm gefährdeten.
Am Ende der Stichstraße kann man das Auto auf einer Fläche abstellen, die als Parkplatz genutzt wird. Dieser „Parkplatz“ ist jedoch nichts anderes als eine Ansammlung von flachem Lavagestein, das mal mehr, mal weniger huckelig ist. Obwohl man hier auch mit einem normalen PKW hinfahren kann, ist zumindest an dieser Stelle vorsichtiges Fahren angesagt. Viel angenehmer fährt es sich in dem Fall mit einem etwas höher gelegenen SUV, was auch auf viele andere Orte in Island zutrifft.
Der Küstenabschnitt bei Valahnúkur ist rau, wind- und wellenumtost. Linker Hand erhebt sich der Berg an sich, während sich gegenüber des Parkplatzes eine brüchige, mit Gesteinsbrocken übersäte Klippe erstreckt, an der man entlang wandern kann. Die Wucht und Kraft der Wellen kann man an dieser Stelle förmlich spüren, und zur eigenen Sicherheit sollte man sich nicht zu dicht an die Klippenkante wagen, da hier immer wieder Teile der Küste abbrechen. Lässt man den Blick über das Meer schweifen, stechen zwei Felsformationen direkt ins Auge. Markant ragt direkt vor der Klippe die Felsnadel „Karl“ 50 Meter hoch aus dem Meer. 14 Kilometer südwestlich vor der Küste liegt außerdem die Insel Eldey, ein 77 Meter hoher Fels aus Palagonittuff. Die weiße Farbe des Plateaus, die man von der Küste hervorragend sehen kann, stammt von dem Kot tausender Basstölpel, Eldey wird daher auch manchmal „Mehlsackinsel“ genannt. Die Insel wurde bereits 1940 zum Naturschutzgebiet erklärt und beherbergt eine der größten Basstölpelkolonien weltweit.
Der Berg Valahnúkur, den man auch besteigen kann, wird vor allem aus Tuffstein und Kissenlava geformt. Er entstand bei einem submarinen Vulkanausbruch zu einer Zeit, als der Meeresspiegel noch deutlich höher lag als heute (geschätzt vor circa 13.000 Jahren). Oben angekommen kann man die Aussicht über diesen Teil der Reykjanes-Halbinsel und das Meer bewundern. Der Blick erstreckt sich auf der einen Seite weit über die Ebene mit dem Leuchtturm Reykjanesviti, dem wunderbaren Geothermalfeld Gunnuhver und dem äußersten Zipfel der Reykjanes-Halbinsel namens Reykjanestá (das isländische Wort „tá“ bedeutet wörtlich übersetzt „Zeh“). An dieser Stelle kommt der große Graben als Fortsetzung des Mittelozeanischen Rückens an Land. Unglaublich, dass man sich an dieser Stelle (aber natürlich auch an vielen anderen Orten auf Island) auf einem Stück Erde bewegt, das sich normalerweise tief unter der Wasseroberfläche am Meeresgrund befindet. Besteigt man den Berg, ist auch hier Vorsicht angesagt: aufgrund der starken Erosion durch Wind und Wellen drohen immer wieder große Stücke von der Felskante abzubrechen, nicht selten wird der Zugang zu der Klippe aus diesem Grund gesperrt.
Eine weitere Sehenswürdigkeit findet sich direkt neben dem Parkplatz: das Great Auk Memorial. Es handelt sich um eine Riesenalk-Skulptur des Künstlers Todd McGrain. Die Statue ist eine von vielen Vogelskulpturen, die er erschaffen hat, und soll als eine Art Mahnmal auf das Aussterben vieler Vogelarten unter Einfluss des Menschen aufmerksam machen. Denn genau das ist dem Riesenalk passiert. 1844 wurde das letzte Exemplar seiner Art auf der vorgelagerten Insel Eldey erlegt. Der Riesenalk selber ähnelte wohl dem heute noch auf Island vorkommenden Tordalk, war jedoch deutlich größer und schwerer und außerdem flugunfähig, was ihm zum Verhängnis wurde. Die Skulptur erinnert an diesen imposanten Vogel. Sehnsuchtsvoll blickt sie über das Meer Richtung Eldey, fast als würde sie ihr Schicksal betrauern. Selbst wer nicht melancholisch veranlagt ist, sollte von der symbolischen Kraft dieser Riesenalk-Statue berührt sein.