Der sogenannte hotspring path ist einer der Spaziergänge, die auf einer Karte, die die Stadt Hveragerði herausgegeben hat, zu finden ist, neben anderen kleinen Wanderungen in und um den Ort herum. Er ist insgesamt 3 Kilometer lang und führt an zahlreichen heißen Quellen vorbei, die sich im Ort direkt, aber auch am Hang des Berges Reyjkafjall befinden. Gerade dieser Wegabschnitt ist absolut lohnenswert! Als Startpunkt empfehle ich die kleine Brücke in der Nähe des Hotels Frost and Fire, die über den Fluß Varmá führt. Zunächst geht es einen kleinen Anstieg hinauf, bevor man sich an einer Weggabelung rechts halten muss. Schaut man an dieser Stelle nach links Richtung Norden, erstreckt sich der Blick über die Ebene bis hin zum Hengill-Gebirge. Die Landschaft ist gespickt mit den für Hveragerði typischen Gewächshäusern, in den Bergen am Horizont steigt Dampf auf. Richtung Süden hat man einen tollen Blick über den Ort an sich mit all den Rauchsäulen, die aus und neben dem Städtchen aufsteigen, und über das dahinterliegende Gebiet bis hin zur Küste. Am Wegesrand führt übrigens eine Pipeline entlang, aus der in regelmäßigen Abständen zischende Geräusche zu hören sind. Diese stammen von heißem Dampf, das aus tiefen Bohrlöchern hier durch geleitet wird.
Schon bald tauchen auf der linken Seite die ersten heißen Schlammtöpfe auf, und es riecht nach Schwefel. Dieses Hochtemperaturgebiet ist erst im Jahr 2008 durch ein schweres Erdbeben entstanden. Es raucht und dampft aus zahlreichen Erdspalten am Berghang, Schlammtöpfe haben sich gebildet, Spuren des aktiven Vulkanismus sind an dieser Stelle überall zu sehen. Wenn man genau lauscht, hört man teilweise sogar dumpf blubbernde Geräusche unter der Erdoberfläche. Folgt man dem Pfad weiter in südliche Richtung, kann man weitere heiße Quellen besichtigen. Sie tragen so klangvolle Namen wie Reykjamóri, Leirgerður, Skjálfti und Hrifla. Es hat in Island übrigens Tradition, heißen Quellen einen Namen zu geben. Nach dem Erdbeben im Jahr 2008 hat die Landwirtschaftliche Universität von Island einen Wettbewerb gestartet, um die neu entstandenen Quellen zu benennen; herausgekommen sind dabei unter anderem die genannten Namen.
Ein Hinweis an dieser Stelle: so verlockend manchmal die Aussicht ist, sich näher an die heißen Schlammtöpfe heran zu wagen, um einen besseren Blick auf sie zu haben, so wichtig ist es, sich strickt an die Wegbegrenzungen zu halten. Die gesamte Gegend ist hochaktives vulkanisches Gebiet mit einer zum Teil sehr dünnen und fragilen Erdkruste, die jederzeit brechen kann. Auf mehreren Schildern wird daher darauf hingewiesen, dass das Betreten des Gebietes auf eigene Gefahr erfolgt.
Mein Tipp für diesen Spaziergang: besonders intensiv spürt man an diesem Ort das, was Island ausmacht, wenn man den Weg mit all seinen Geräuschen und Gerüchen alleine erkunden kann, daher sollte als Tageszeit für die kleine Wanderung eher der frühe Morgen oder der Abend gewählt werden, wenn sich Stille über das Tal senkt. Die Kraft des Vulkanismus ist hier sehr präsent, mit all seinen Facetten. Es riecht nach Schwefel, es blubbert, zischt und raucht, die Farben der Erde wechseln von ockergelb über rostrot zu braun. Einmalig! Diese Phänomene alleine betrachten und genießen zu können ist unbezahlbar. Und ja, natürlich gibt es auf Island viel spektakulärere Orte, an denen man die vulkanischen Kräfte erleben kann. Aber manchmal sind es gerade die kleinen, abgelegeneren Pfade, die ein besonderes Island-Erlebnis bescheren können. Probiert es einfach mal aus!
Hveragerði bedeutet wörtlich übersetzt übrigens „Garten der heißen Quellen“, und der Name ist Programm. Es ist nicht verwunderlich, dass überall heißer Dampf aus der Erde tritt, wenn man bedenkt, dass sich der ganze Ort, wie bereits erwähnt, in einem Hochtemperaturgebiet befindet. Schon in 300 Metern Tiefe herrscht hier eine Temperatur von 180 Grad Celsius. Eine Zeit lang dampfte es hier selbst zwischen den Ritzen der Gehwegplatten vor dem Eingang zum Supermarkt. Die heißen Quellen des Ortes liefern Wärme für die vielen Treibhäuser der Stadt, aber die geothermische Energie wird auch zum Beheizen der Wohnhäuser und des Schwimmbads genutzt. Hveragerði deckt heute den größten Teil des isländischen Bedarfs an Tomaten, Gurken und Paprika. Auch Zimmerpflanzen und Schnittblumen werden angebaut.