Beim Stöbern im Netz fand ich auf allerlei Seiten auch immer wieder tolle Filmfotos die mit einer sogenannten Mittelformat-Kamera gemacht wurden und in ihrer Anmutung öfter irgendwas hatten, was sie von den meisten Anderen unterschied, ja regelrecht abhob. Mittelformat, aha. Eine kurze Suche förderte dann schnell die bekannten schwedischen Hasselblads und alten deutschen Modelle der Rolleiflexe zu Tage. Schick sind sie ja, aber für einen Test mit zumindest doch etwas zu hoch angesiedelt vom Preis. Außerdem musste es doch auch irgendwas Ostalgisches geben was mich rein emotional positiv beeinflussen würde.
Siehe da, es fand sich die Pentacon Six TL. Ein ganzschöner Klotz in SLR Bauweise wie sie heute noch gebräuchlich ist, nur eben für Rollfilm und mit 6cm x 6 cm Format. Die vielen Erfahrungen und Berichte über dieses Meisterwerk aus Dresden hinterließen einen gemischten Eindruck über Qualität und Zuverlässigkeit, hielten mich aber nicht vom Kauf ab. Zumal es noch passende tolle Zeiss Objektive aus Jena für einen wirklich erschwinglichen Preis dazu gab und noch einiges an Zubehör obendrauf. So fand die P6 zu mir.

So ganz sauber liefen die Belichtungszeiten nicht ab beim Auslösen, aber davon bin ich nach den Recherchen ohnehin ausgegangen. Daher ließ ich sie gleich bei einem alten Meister in der Nachbarstadt reinigen, fetten und die Zeiten neu justieren. Bis auf 1/1000ste Sekunde lagen danach auch alle Verschlusszeiten im akzeptablen Toleranzbereich kleiner 1/5 Blende.
Neben der technischen Seite ist es jedoch vor Allem die Haptik, die mich an der P6 begeisterte. Groß und schwer liegt sie in der Hand und dieser vorn angewinkelt angebrachte Auslöser ist ergonomisch dermaßen überzeugend, dass ich mich frage warum nicht alle Kameras so gebaut sind. Auch qualitativ macht die P6 einen guten Eindruck, nur die Belederung löst sich mittlerweile auf einer Seite.
Viel dran ist eigentlich auch nicht. Ein Spannhebel (vorsichtig bedienen!), ein Bildzählwerk, ein Rad zum Einstellen der Beichtungszeiten von 1/1000 bis 1 Sekunde und Bulb, eine Merkhilfe für die Filmart, ein genial platzierter Auslöser mit Gewinde und Sperre und einen Selbstauslöser zum
Aufziehen und Auslösen. Nicht viel und trotzdem genug.

Was kann sie denn nun so die Pentacon Six TL?
Kurz: Aufregend angenehm riesige Bilder machen! Ernsthaft, mit der P6 in der Hand, durch den Schachtsucher blickend sieht Alles so fotogen aus. Wirklich Alles! Die Projektion auf der Mattscheibe zeigt gleich die Szene wie sie als Foto aussehen würde – nur seitenverkehrt. Das ist so “anders”
in der Erfahrung und ich war versucht wirklich Alles wenigstens durch die P6 anzuschauen wenn nicht sogar abzulichten. Dazu kommt dieses beeindruckende und süchtig machende Geräusch des hochklappenden Spiegels und der Verschlussvorhänge beim Auslösen. Scharfstellen per Sucherlupe, genial! Langsam? Ja.
So verschoss ich die ersten Filme (Kodak Ektar 100) und allein das machte eine Menge Spaß auch ohne ein Ergebnis gesehen zu haben.

Ja, aber was kann sie denn jetzt?
Der eilig beschaffte Handbelichtungsmesser half mir meistens bei den Belichtungszeiten, oft hielt ich mich an die “Sunny 16” und belichtete nach Gefühl. Zum Glück ist der bei den ersten Versuchen verwendete Kodak Ektar 100 sehr gutmütig in Bezug auf Über-/Unterbelichtung und so kamen tatsächlich auch so richtig große Negative vom Labor zurück, auf denen auch tatsächlich Fotos waren. Wahnsinn!
Ich hatte für’s erste Mal auch Abzüge mitbestellt, die mich jetzt aber nicht vom Hocker rissen. Viel mehr freute ich mich auf die Ergebnisse nach dem Einscannen. Dafür hatte ich mir einen Epson V550 hingestellt und obwohl dieser Scanner eher eine Bildqualität “Einstiegsklasse” erzeugt, war ich von den Fotos begeistert. Sicher, nicht alle sind auch was geworden – mein Gefühl für richtige Belichtung ist wohl nicht so verlässlich. Der ganze Prozess macht die Sache irgendwie so spannend, dass ich nicht mehr aufhören wollte und Mittelformat für mich ein fester Bestandsteil im Hobby geworden ist.
Die Qualität der Negative ist unglaublich und in 6cm x 6CM ein echter Hingucker. Soweit ich das mit Lupe  beurteilen konnte, der Scanner ist wie gesagt Einsteigerklasse, ist da enormes Auflösungspotential vorhanden. Die fertigen Bilder sind dem Ektar geschuldet recht knackig von der Farbe her und für mich ein Grund mehr davon zumachen.

Fazit:
Die Pentacon Six TL ist eine wunderbare, handliche Mittelformatkamera mit allerlei Stärken und ein paar kleinen Schwächen. Ich habe sie sehr gern dabei und freue mich jedes mal über das Erlebnis mit ihr zu fotografieren. Der Scanner hat schnell einen Fehler offenbart und ging zurück. Seit dem
lasse ich Mittelformat bis auf Weiteres professionell Scannen mit genialen Ergebnissen. Ein Belichtungsmesser ist Pflicht.