Shanghai – Ein Wochenende im vergangenen Herbst

Shanghai hatte ich bis dahin nur als Hub für Inlandsflüge in China kennenlernen dürfen, nun jedoch als echtes Ziel war ich schon sehr gespannt. Wegen des engen Zeitplanes kam ich erst mitten in der Nacht an und war gegen 2 Uhr nachts im Radisson Blue Hotel am People’s Square zum Einchecken. Zum ersten Mal kam ich in den Genuss einer gesperrten Kreditkarte und den Konsequenzen daraus. Aufgrund sehr vorsichtiger Bankangestellter wurde nämlich meine Karte gesperrt, weil damit Abbuchungen in China getätigt wurden. Klar, ich war ja auch in China unterwegs. Mit Mühe und Not konnte wir die Kaution für eine Nacht im gebuchten Hotel in bar zusammenkratzen und ich versuchte dann über die 24-Stunden Servicenummer die Dinge zu regeln. Kurz – keine Chance die gesperrte Kreditkarte ohne Telefonbankingteilnahme wieder zu entsperren. Durch viel gutes Zureden und Betteln konnte dann meine EC-Karte freigeschaltet werden. Ich hob dann um 03:00 Uhr Nachts mitten auf der Nanjing Road eine ganze Menge Bargeld ab und hoffte nicht überfallen zu werden. Ich hatte Glück, yeah. Wichtig – > Hausbank vorher informieren!

Am Samstag dann stand Entdecken auf dem Plan. So richtig vorbereitet hatten wir (ein Kollege und ich) uns nicht und richtig unauffällig mit Stadtkarte ging es dann los, die Nanjing Road runter bis zum Huangpu Fluss. Diese Nanjing Road, in der Nacht zuvor noch sehr zwielichtig erscheinend, war nun voller Leben. Eine riesige Shoppingstraße mit allem Drum und Dran. Am Fluss hat man eine fantastische Aussicht auf die Skyline von Pudong. Mal ehrlich, von Bildern und vom Fernsehen her war mir diese Ansicht wohl vertraut, aber so direkt in echt hat sie mich aus den Socken gehauen. Das war so ein ähnliches Gefühl wie Hongkong es immer auslöst. Irgendwie surreal, wie in einem Film zu sein. Wahrscheinlich ist das so, weil der Anblick zum Einen vertraut (Fotos, Filme, etc.) und zum Anderen aber so unbekannt ist. Klar mussten ein paar Fotos gemacht werden.

 

Der kürzeste Weg über den Fluss führt unter ihm hindurch. Mit einer richtigen Actionbahn, die man als Epileptiker dringend meiden sollte! Die Fahrt geht in kleinen Kabinen langsam wackelnd durch einen Tunnel, der mit vielen bunten und flackernden Lichtern irgendeine Geschichte erzählt, die ich nicht so wirklich verstanden habe. Man verzeihe mir bitte! Auf der anderen Seite dann spazierten wir am wahnsinnig coolen Pearltower vorbei zwischen den Wolkenkratzern entlang zum Jin Mao Tower. Dort wollten wir hoch und was essen. Schließlich hatten wir nun schon ordentlich Hunger. Oben im Tower ist ein schickes Hotel und darüber noch, also ganz weit oben, ein Restaurant. Leider war die Aussicht durch Wolken getrübt und außer Grau sahen wir nicht wirklich etwas. Dafür konnten wir spüren, wie der Turm sich im Wind bewegte, was schon ein bisschen unheimlich war.

Anschließend ging es dann den ganzen langen Weg zurück, diesmal mit regulärer U-Bahn, und noch ein Stück weiter die Nanjing Road hoch bis zum Jing An Park wo wir den Jing An Tempel besichtigten. Der bildet mit seiner klassischen chinesischen Erscheinung einen starken Kontrast zu der sehr modernen Bebauung drum herum und genau das macht auch seinen Reiz aus. Es war schon recht spät geworden, weshalb nicht mehr viele Leute im Tempel waren. So war es recht ruhig darin und wir hatten viel Zeit uns umzuschauen. Den langen Weg zurück zum Hotel machten wir zu Fuß, weil man eine Stadt so viel besser entdecken kann. Auch wenn es nur ein große und lange Straße ist. Im Ufo-ähnlichen Deckel des Radisson Blue ist ein Restaurant untergebracht und das wohl verdiente Steak zum Abendessen schmeckte wirklich hervorragend. Dabei dreht sich die ganze Zeit das Restaurant um eine zentrale Achse, so dass man während des Essens langsam ein 360° Panorama an der Fensterfront vorbei zieht. Genial.

 

Angebrochene Abende sind nicht gut und so sollte eine lange Nacht folgen. Sie begann in der Bar Rouge am Bund mit herrlichem Blick auf die Skyline und den Huangpu Fluss, ging durch mehrere Bars und Clubs und endete in einem Tanzclub irgendwo in Shanghai. Feiern kann man hier und lernt Leute aus der ganzen Welt kennen. Den anschließenden Sonntag begannen wir etwas später und schlenderten eine ganze Weile ohne besonderen Plan durch die Gegend um und durch den People’s Square. Der war richtig belebt, und ganz wie der Name schon sagt voller Leute. Ungefähr 100 von ihnen verkauften scheinbar Regenschirme, anderen fanden sich in Gruppen zusammen und betrieben Win Chun (eine Kampfkunst), wieder andere spielten in größeren Gruppen irgendein undurchschaubares chinesisches Brettspiel, manche sangen Karaoke und viele schlenderten wie herum oder joggten. So vergingen einige schöne Stunden bevor wir uns der Shoppinghölle Shanghais stellten. Ja, auch das musste sein. Wir verbrachten den Rest des Tages und Abends damit, mit der U-Bahn durch die Stadtviertel zu fahren und Stoffmärkte (Klamotten) und Einkaufszentren zu durchwandern und das ein oder
andere Mitbringsel zu erstehen. Es gibt hier einfach alles und das in rauen Mengen. So ging der Sonntag recht schnell vorbei und am Montag rief wieder die Pflicht der Arbeit.

 

Shanghai hat mir an diesem Wochenende äußerst gut gefallen und stellte sich mir als ultramoderne kosmopolitische Metropole mit langer Tradition und Geschichte vor. Es hat viele Gesichter, von denen ich nur einige wenige gesehen habe und gern noch mehr sehen möchte. Ohne Zweifel ist Shanghai eine Stadt, die man gesehen haben muss und ich komme sehr gern wieder.