Wie im Jahr zuvor saßen wir auf der rechten Seite des Flugzeugs und warteten gespannt auf den ersten Anblick von Oben. Es war abends und wir so aufgeregt, dass der erste Anblick dann fast enttäuschte. Mein Güte war das karg. Doch sehr schnell stellten sich die Augen irgendwie um und wir konnten wieder die tausend Farben Grün sehen. Die ganzen neuen Eindrücke die wir in den kommenden zehn Tagen mitnehmen würden ließen die Anreisestrapazen, wir trugen dicke Kleidung im Juni, schnell verfliegen. Die Autos hatten wir dieses Mal selbst gebucht und wurden per Shuttletransport abgholt und zum Verleiher nahe Keflavik gebracht. Es war gut nach 22 Uhr und Hochbetrieb.
Unser Vitara war schon recht verbeult und ein wenig machte er einen klapprigen Eindruck, also genau das was wir wollten. So mussten wir uns nicht übermäßig Gedanken über Steinschlagschäden etc. machen. Der zweite Gang hakte auch etwas, aber was stört das schon! Beim Ford Escape unserer Freund klapperte des Reserverad arg in der Halterung, die Stoßdämpfer hatten ihre beste Zeiten hinter sich und ab und an ging im Stand einfach mal die Hupe an, wie wir später am Abend noch herausfinden sollten. Das waren nun die zuverlässigen Basen unseres
Abenteuers Island. Passt!
Natürlich war an Schlaf nicht zu denken und so fuhren in der ersten Nacht noch an der Südküste entlang bis Selfoss um dort nachts zum ersten Mal die Zelte aufzuschlagen. Ich sage nur Auto und Hupen…was für ein Spaß. Möglichst ohne die anderen Camper aufzuwecken, was sicherlich misslang, richteten wir uns auf die Schnelle ein, ließen den Tag mit einem Bierchen auskingen und versuchten Schlaf zu finden. Hört sich einfach an, ist im Zelt aber nicht so leicht am ersten Tag einer Reise. Die Geräusche sind doch andere als man zu Hause gewohnt ist. Irgendwann klappte auch das noch und der Anreisetag endete auf einem Zeltplatz in Selfoss.
Die Nacht war selbstverständlich schnell vorbei und nach Zeltabbau und Einpacken frühstückten wir irgendwo in der Stadt in einem Cafè. Für diesen Tag sollte die Fahrt über Seljalandsfoss, Skogarfoss, Dyrholaey, Vik i Myrdal und Kirkjubeajaklaustur bis nach Skaftafell gehen. Ein echt gutes Stück nach Osten.
Es war toll die drei Mount Dooms wieder zu sehen und der Seljalandsfoss begeisterte uns schon wieder von Weitem. In 2014 hatten wir den Nachbarn Gljúfrabúi übersehen, einen imposanten Wasserfall versteckt in einer Felsspalte. Gut 200m muss man vom Seljalandsfoss aus weiter gehen und dann durch das Flüsschen in die Felsspalte hineinstaksen. Da wieder morgens, war der Bustour-Betrieb noch nicht angelaufen und recht wenig Besucher vor Ort. Gut für uns.
Der Skogarfoss zeigte sich im Morgenlicht in voller Pracht und dieses Mal konnten wir auch direkt bis an ihn heran gehen. Es heisst, dahinter sei ein Schatz versteckt und der Erste der ihn findet, solle so richtig reich werden. Okay, Versuch macht kluch hatte ich mir gedacht und bin mutig drauflos. So ein 60×30 Meter Wasserfall ist aus der Nähe schon wirklich gigantisch wie feststellen musste und hab dann ganz unerwartet gekniffen. Ein anderes Mal vielleicht.
Dyrholaey ließen wir aus irgendeinem, heute nicht mehr nachvollziehbaren Grund ausfallen und fuhren direkt weiter nach Vik. Endlich essen. Ich weiß nicht woran es liegt, aber auf Island vergesse ich oft Hunger und Durst und merke beides erst wenn sie nicht mehr zu ignorieren sind. Also rein in den Imbiss und Burger verschlingen. Der in 2014 erstandene Islandpulli hatte mir im Winter davor so gefallen, dass ich in Vik eine zweiten mitnahm und so nun bestens ausgerüstet war für den wohl außergewöhnlich kühlen Juni 2015 auf Island.
Über weite, ja endlos scheinende schwarze Sandebenen, sogenannte Sander, ging es dann immer in Richtung Osten. Die Berge, oder ehemaligen Steilküsten wurde immer höher und wuchsen teils bis über 300 Meter an. Direkt davor fuhren wir dann mit unseren im Vergleich winzig kleinen Autos. Nach einer besonders hohen Klippe weicht die ehemalige Küste dann urplötzlich zurück ins Landesinnere zurück und wir hatten das Gefühl für Stunden am Vatnajokull (Europas größter Gletscher) vorbei und gleichzeit darauf zuzufahren. Soetwas hatte ich nicht erlebt und war auch nicht darauf gefasst gewesen. Dieser Gletscher ist wahrhaft gigantisch von der Ausdehnung und wir sahen zudem auch nur ein paar seiner Gletscherzungen auf uns zu fließen. Das Beste aber war, unser anvisierter Zeltplatz lag genau zwischen dreien “kleinerer” dieser Gletscherzungen, was schon auf der Fahrt dorthin für reichlich Staunen und Vorfreude sorgte.
Den Zeltplatz selbst dort empfand ich als ziemlich groß im Vergleich mit anderen und gut ausgestattet. Zu dieser Zeit im Juni waren noch nicht viele Camper dort und wir hatten eine der Wiesen fast für uns alleine. Abends unternahmen wir noch eine Wanderung zum Svartifoss und dann weiter den Berg hinauf um dort das atemberaubende Gletscherpanorama im Abendlicht zu genießen. Die Wolken hingen zwar tief, aber etwas Sonnenschein aus irgendwie Nordwesten (ja tatsächlich) war zu erhaschen. Die Nacht wurde dann wirklich sehr kalt, was vielleicht an den nahen Gletschern lag, und gab uns einen Vorgeschmack was uns noch im Osten und Norden so erwarten würde.